Die Corona-Pandemie hat zu erheblichen Einschränkungen in der Wirtschaft und im gesellschaftlichen Leben geführt. Durch den Shutdown und das Social-Distancing-Gebot werden Rufe nach schnellen pragmatischen Alternativen in Arbeits- und Geschäftsprozessen laut. Gefragt waren und sind immer noch: digitalisierte Lösungen und Anwendungen. Viele alltägliche Prozesse hätten schon längst digital erfolgen können. Daher bietet uns das Vorantreiben der Digitalisierung aktuell enorme Chancen für einen Weg aus der Krise. Nicht zuletzt dadurch, dass damit auch eine Ankurbelung der Konjunktur einhergehen kann.
Auch in der Immobilienbranche gewinnt die Digitalisierung aufgrund der aktuellen Situation immer weiter an Relevanz. Denn digitale Lösungen werden zum strategischen Wettbewerbsvorteil für Immobilienunternehmen – besonders im Wohngebäudebereich. Das kann die virtuelle Wohnungsbesichtigung sein, ein digitalisierter Mieterwechsel oder Neuvermietungsprozess aber auch das digitalisierte und vernetzte Gebäude, dessen technische Anlagen wie Aufzüge oder Heizungen unter Einsatz moderner und geringinvestiver IoT-Technologie aus der Ferne überwacht werden können.
Weg frei für Smart Data & KI
Dieser Digitalisierungsschub war dringend notwendig. Zum Beispiel lässt sich nur mit Hilfe der Digitalisierung die Energiewende vollenden und damit nachhaltig ein Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dazu sollten auch die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz stärker genutzt werden, die ein enormes Potential für eine intelligente Verknüpfung und Steuerung bieten. Neben künstlicher Intelligenz sind es aber auch Stichworte wie Data Analytics, clevere Algorithmen, Smart Data, moderne Technologien sowie zeitgemäße Kommunikations- und Arbeitsmittel, die zu den Klimaschutzzielen beitragen können.
In der Immobilienwirtschaft bietet insofern die digitale Gebäudevernetzung ein noch längst nicht ausgeschöpftes Klimaschutzpotenzial: Vernetzung ist der Schlüssel, um die Energieeffizienz der Versorgung von Gebäuden mit Wärme, Wasser, Gas und Strom zu vergleichsweise geringen Kosten signifikant zu steigern. Private Haushalte verbrauchen in Deutschland immerhin rund ein Viertel des gesamten Energieaufkommens. 85 Prozent davon entfallen auf die Wärme- und Warmwasserversorgung von Wohnhäusern. In diesem Kontext spielt der Breiteneinsatz digitaler Lösungen eine herausragende Rolle.
Gerade im Gebäudebestand legt eine Datenerfassung, die dank Funktechnologie ohne nennenswerte bauliche Eingriffe und Verkabelung auskommt, den Grundstein für digitale Energieeffizienzlösungen entlang der gesamten Wärmewertschöpfungskette. Wichtig hierbei: Funkerfassungsgeräte sollten auf einem offenen Standard basieren, der wie die Open-Metering-Plattform OMS alle Interoperabilitätsanforderungen des geplanten Gebäudeenergiegesetzes (GEG) erfüllt. Außerdem wird OMS 4 durch verschlüsselte Funkkommunikation dem Datenschutz gerecht und bietet Betreibern zugleich Herstellerunabhängigkeit und Investitionssicherheit.
Eine digitale Infrastruktur ermöglicht das zentrale Monitoring aller verbrauchsrelevanten Werte: Zum einen kann dies Transparenz für Nutzer und Mieter schaffen, zum anderen einen konkreten Handlungsbedarf aufzeigen – etwa im Hinblick auf Optimierungsmöglichkeiten der technischen Versorgungsinfrastruktur oder auch für energetische Sanierungsmaßnahmen. Verfügbare Investitionsmittel lassen sich so gezielt dort einsetzen, wo die Effekte für den Klimaschutz am größten sind.
Als einer der führenden Energiedienstleister arbeitet Techem derzeit an durchgängig digitalisierten Wärmeversorgungslösungen auf Basis einer Funkerfassungsinfrastruktur, um Heizungsanlagen aus der Ferne in
Echtzeit steuern und ihren Betrieb per KI-Algorithmen permanent optimieren zu können. Der nächste Digitalisierungsschritt führt dann zu einer proaktiven Instandhaltungsplanung, wobei Sensoren an Anlagen und Leitungssystemen je nach Zustand der betreffenden Systeme automatisch die jeweils notwendigen Wartungsmaßnahmen anstoßen – und zwar bevor eine Störung auftritt.
Die digitale Verbrauchserfassung per Funk ermöglicht heute schon eine lückenlose, elektronische Kommunikation vom Gerät bis in das Abrechnungssystem. Ein Fakt, der im Sinne der Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) insbesondere auch die Bewohner aktiv miteinbezieht, da ihnen durch die Bereitstellung der unterjährigen Verbrauchsdaten eine Mitgestaltung bei der Optimierung des eigenen
Verbrauchs ermöglicht wird. Auf dem Weg zum digitalen Ökosystem Die Digitalisierung von Wohngebäuden
dient damit gleichermaßen dem Klimaschutz wie der Ankurbelung der Konjunktur. Die zurzeit vielfach diskutieren konjunkturellen Maßnahmen müssen darum innovative Lösungen, die auf Effizienz und Klimaschutz setzen, unbedingt einbeziehen. Digitale Lösungen, wie die Förderung smarter Technologien, sollen dabei eine besondere Rolle einnehmen.
Das Vorantreiben der Digitalisierung und das Einsetzen der damit entstehenden Technologien werden zukünftig zum strategischen Wettbewerbsvorteil für Immobilienunternehmen. Das ist auch der tiefere Grund dafür, warum der Energiedienstleister Techem sich immer mehr zu einer „Data Company“ wandelt und zugleich sein Partnernetzwerk, beispielsweise in die PropTech-Szene hinein, erweitert. Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und die Vernetzung von Gebäuden dürfen keine reine Zukunftsvision bleiben – sie müssen jetzt stärker eingebunden und weiterentwickelt werden, um einen großen Schritt Richtung Klimaneutralität zu erreichen.
Der Autor
Matthias Hartmann ist seit Mitte Januar 2020 Chief Executive Officer der Techem Gruppe. Er hat umfangreiche Erfahrung in der Führung großer technologieorientierter Unternehmen u.a. bei IBM Deutschland und dem Marktforschungsunternehmens GfK SE. Matthias Hartmann ist ein ausgewiesener Stratege mit umfassender Erfahrung in den Bereichen Technologie und Digitalisierung.