Auf dem 30 Hektar großen Gelände der alten Prinz-Eugen-Kaserne im Münchner Osten wächst ein neues Stadtquartier heran – der Prinz-Eugen-Park, in dem einmal rund 4000 Menschen in 1800 Wohnungen leben
werden. Rund ein Drittel dieser Wohnungen bildet die derzeit größte zusammenhängende Holzbausiedlung Deutschlands. Mit der Holzbauweise möchte die Stadt München neue Maßstäbe für Klimaschutz und nachhaltige Stadtentwicklung setzen und hat dafür ein eigenes Förderprogramm ins Leben gerufen. Die ökologische Mustersiedlung besteht aus acht Holzbauprojekten und wird von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften Gewofag und GWG sowie verschiedenen Baugenossenschaften und Baugruppen realisiert.| Passivhaus-Standard für die Münchener Mischung
Zu den acht Holzbauprojekten gehört auch eine Wohnanlage im Passivhaus-Standard, deren Entwurf aus der Feder des Münchner Architektur- und Projektentwicklungsbüro NEST stammt. 55 Mietwohnungen verteilen sich auf zwei Stadthäuser und vier Atriumhausriegel. Sie wurden nach den Kriterien des „Konzeptionellen Wohnungsbaus“ (KMB) der Stadt München geplant. Damit will die Stadt bezahlbaren Miet-Wohnraum mit hoher Qualität schaffen und die sogenannte „Münchener Mischung“, also die breite Streuung verschiedener Einkommensgruppen im Quartier, fördern. Jede der 1- bis 4-Zimmer-Wohnungen verfügt über einen kleinen Terrassenhof, einen Balkon oder eine Dachterrasse mit Blick in den Park. Die Atriumhäuser wurden als reiner
Holzbau und die beiden Stadthäuser in Hybridbauweise mit massiver Tragstruktur und nichttragenden Außenwänden in Holzbauweise erstellt.
Für die Mieter hochinteressant ist das anspruchsvolle energetische Konzept, das nicht nur dem Klimaschutz dient, sondern auch den Bewohnern finanzielle Anreize für ein klima- und energiebewusstes Wohnen bietet. Die Mietwohnanlage entspricht den höchsten energetischen Gebäudestandards: dem KfW Effizienzhaus 40plus-Standard und dem Passivhaus-Standard, der einen extrem niedrigen Jahresheizwärmebedarf von 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/m²a) und damit im Energieausweis den Eintrag A++ für die
Heizwärme sichert. Außenliegender Sonnenschutz, Wohnungslüftungen mit Wärmerückgewinnung und Regenwassernutzung für die WCs sind weitere Pluspunkte, die helfen, den ökologischen Fußabdruck und die
Nebenkosten zu minimieren.
| Energiekonzept mit Mieterstrom
Der Strom für die 55 Haushalte wird aus erneuerbaren Energien selbst produziert: Der Contracting-Partner realisierte hier eines der ersten Projekte in Deutschland mit einem Groß-Batteriespeicher und mit Mieterstrommodell. Eine Photovoltaik-Anlage auf den Dächern der Wohnanlage mit einer durchschnittlichen Leistung von 79 Kilowatt Peak (kWp) erzeugt rund 80.000 Kilowattstunden Strom im Jahr (kWh/a). Um eine effiziente und faire Stromversorgung aller Mieter zu gewährleisten, wird die auf den Einzelgebäuden erzeugte Strommenge in einem Hausanschluss zusammengeführt. Nichtgenutzter Strom wird in einem großen Solarstromspeicher zwischengelagert und für den späteren Verbrauch gespeichert. Zusammen decken PV-Anlage und Speicher rund 40 Prozent des Gesamtstrombedarfs der Mieter ab. Insgesamt können 88 Prozent
des selbst erzeugten Stroms genutzt werden, ohne den Speicher wären es nur knapp die Hälfte. Wenn mehr Strom benötigt wird als die Photovoltaik-Anlage und der Speicher bereit stellen, werden die Haushalte mit
Ökostrom des Stromanbieters aus dem Netz versorgt, der ebenfalls zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde.
| Tageslicht im Energiekonzept
Gute Tageslichtversorgung der Wohnungen war der Bauherrschaft und den Architekten ein zentrales Anliegen. Für den anvisierten Passivhaus Standard sind dreifachverglaste Passivhausfenster Pflicht, denn diese tragen
mit ihren hohen Wärmedämmwerten erheblich zu den niedrigen Wärmeverlusten bei. Daraus ergibt sich jedoch zugleich ein Problem: Die Reflexionsbeschichtungen auf den drei Glasschichten erlauben zwar eine sehr
gute Wärmedämmung, bringen aber in der Regel eine stark verringerte Lichttransmission mit sich – die aufgedampfte Reflexionsschicht kann bis zu 40 Prozent des Tageslichts schlucken.
Die Planer entschieden sich darum für die neueste Generation von Wärmeschutzgläsern aus dem Hause Saint-Gobain. Mit Climatop Eclaz konnte eine energieeffiziente Dreifachverglasung mit den hohen Tageslichttransmissionswerten einer Zweifachverglasung realisiert und darüber hinaus das Ziel Passivhaus-Standard erreicht werden. Im Vergleich zu ähnlichen Isoliergläsern gelangen so bis zu 11 Prozent mehr Tageslicht in die Gebäude; Sonnenlicht dringt bis zu 10 Prozent tiefer ins Rauminnere. Ein gleichmäßigeres Lichtspektrum sorgt zudem für frische Farben, die die Wohnungen der Münchner Neubausiedlung besonders hell
und freundlich wirken lassen.
Das neue Wärmeschutzglas
Das Kernstück der Climatop Eclaz Wärmeschutzgläser ist eine HochleistungsLow-E-Beschichtung, die die Innenraumwärme nach innen reflektiert und gleichzeitig eine sehr hohe Transparenz besitzt. Bei einem Isolierglasaufbau 4|18|4|18|4 Millimeter wird eine Lichttransmission von 77 Prozent bei einem Ug-Wert von 0,5 Watt pro Quadratmeter und Kelvin (W/m²K) erreicht. Die Verglasungen wurde vom Passivhaus Institut in Darmstadt zertifiziert.
Foto: Thomas Straub